Narrativ

Narrative sind sinnstiftende Erzählmotive welche in einem Kulturkreis oder einer gesellschaftlichen Gruppe Orientierung vermitteln. Sie haben Einfluss auf die Art, wie die Umwelt wahrgenommen wird und transportieren  Grundhaltungen und Emotionen. Sie sind „vereinbarte“, per Wiederholung und Weitererzählung anerkannte „Subtexte“ für Wahrnehmungs-, Interpretations- und Verhaltensmodi. Sie unterliegen dem zeitlichen Wandel, sind aber funktionell Beharrungskräfte. In diesem Sinne sind Narrative keine beliebigen Geschichten, sondern etablierte Erzählungen (>Narration), die mit einer Legitimität versehen sind. Narrative können nicht erfunden werden. Sie werden im kulturellen Diskurs gefunden und vermitteln Zuversicht. Interessanterweise korrespondieren sie mit dem >Sozial robustes Wissen.

Das Vertrauen in ein Narrativ kann ins Wanken geraten, wenn sich widersprechende Botschaften im Kontext des Narratives treffen. Zum Beispiel trifft das zu, wenn einerseits die Verantwortung für das begrenzte Erdsystem gefordert (>Planetarische Leitplanken, >Earth Overshoot Day) und gleichzeitig für das Wirtschaftswachstum geworben wird. >Klimakultur als Wandel gibt es noch nicht als Narrativ. Narrative entstehen dadurch, dass Geschichten, also Narrationen von anderen akzeptiert werden, jedoch kann die Wissenschaft hier nur Angebote machen.

(a) Postwachstum als Gegenentwurf zum  >Wachstumsparadigma

(b) Öko-Utopien, normative Ansätze, und Planetarische Leitplanken.

Alexander Görlach (Görlach, 2016): „Was ist ein Narrativ? Ein Narrativ ist eine Erzählung, in seiner Bedeutung für die Gesellschaft hat er politischen Charakter; er wirkt normativ auf die, die ihn hören. Er konstituiert ein Gemeinwesen.  Ein Narrativ besagt: Hier hörst du, wer wir sind. Für uns Heutige ist eine solche Erzählung ein Relikt aus der Welt des Mythos. Vom Mythos behauptet der israelische Historiker Yuval Harari in seinem Buch Eine kurze Geschichte der Menschheit, dass er an der Wiege der Zivilisation stehe: Menschen, die sich über die Blutsbande und den eigenen Stamm hinaus als zusammengehörig erleben, legitimieren diese Zusammengehörigkeit über Geschichten gemeinsamer Abstammung und gemeinsamen Strebens. Der Mensch bettet sich, seinen Stamm, seinen Verbund darin ein und vermählt sich durch die gemeinsame Geschichte mit dem Weltenlauf. Er verknüpft dabei die beiden ultimativen Fragen, des Wohers und Wohins….Narrative sind keine Elitenprojekte. Sie unterliegen dem Willen der Bürger in der Weise, dass sich dem kollektiven Wissen und Gedächtnis nur das einprägen lässt, was für ihn plausibel ist. Narrative sind in diesem Sinne die Vorläufer der wisdom of the crowd, der Weisheit der Masse, die sich durch die technologischen Mittel des digitalen Zeitalters heute in einer Weise bestimmen lässt, wie es früher nicht möglich war.“

Quellen:

Görlach, A. (2016) „Narrative : Eine neue Botschaft muss her“, Die Zeit, S. 1–2.

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